BAG Pressemitteilung Nr. 36/03

Auskunftsanspruch des Betriebsrats bei "Vertrauensarbeitszeit"

Die Arbeitgeberin betreibt Datenverarbeitung. Nach dem Tarifvertrag beträgt die Wochenarbeitszeit - zumindest im Jahresdurchschnitt - 37,5 Stunden. Seit einiger Zeit schließt die Arbeitgeberin mit Arbeitnehmern sog. AT-Verträge ab, in denen es heißt, die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit richte sich nach dem Tarifvertrag, die Arbeitnehmer verpflichteten sich, im Bedarfsfall Überstunden zu leisten, eine maschinelle Zeiterfassung finde nicht statt. Der Betriebsrat hat von der Arbeitgeberin bezüglich der "AT-Mitarbeiter" eine monatlich zu erteilende Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie Über- und Unterschreitungen der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit und außerdem die Vorlage der Aufzeichnungen nach § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) betreffend die über acht Stunden werktäglich hinausgehende Arbeitszeit verlangt. Die Arbeitgeberin hat dies mit der Begründung abgelehnt, sie verfüge wegen des bewußten Verzichts auf eine Kontrolle der Arbeitszeit der AT-Mitarbeiter (Vertrauensarbeitszeit) weder über die gewünschten Informationen noch über die entsprechenden Unterlagen. Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats in vollem Umfang, das Landesarbeitsgericht nur im Hinblick auf die Informationen und Unterlagen im Zusammenhang mit § 16 Abs. 2 ArbZG stattgegeben.

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts weitgehend Erfolg. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Betriebsrat Anspruch auf Erteilung aller Auskünfte, derer er zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben bedarf. Zu diesen Aufgaben zählt nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Überwachung der Durchführung von Gesetzen und Tarifverträgen zu Gunsten der Arbeitnehmer. Der Betriebsrat hat deshalb zu überprüfen, ob die in § 5 ArbZG vorgeschriebene Mindestruhezeit von 11 Stunden und die tarifliche Arbeitszeit eingehalten werden. Die dafür erforderlichen und in seinem Betrieb anfallenden Informationen hat sich der Arbeitgeber in geeigneter Weise zu beschaffen. Er kann sich der gesetzlichen Kontrollpflicht und dem daraus resultierenden Auskunftsanspruch des Betriebsrats nicht dadurch entziehen, daß er darauf verzichtet, von der tatsächlichen Arbeitszeit seiner Beschäftigten Kenntnis zu nehmen.Bundesarbeitsgericht Beschluß vom 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 -Landesarbeitsgericht Hamm Beschluß vom 30. Oktober 2001 - 13 TaBV 49/01 -