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08.09.2004

BAG Urteil vom 07.09.2004: Geschlechtsdiskriminierende Leistungsordnung einer Pensionskasse

Das Bundesarbeitsgericht hat am 07.09.2004 entschieden, dass eine Pensionskasse, die von einem Arbeitgeber eingeschaltet wird, um für ihn Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu erbringen, diese Leistungen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unabhängig von versicherungsrechtlichen Vorgaben so erbringen muss, dass keine Arbeitnehmergruppe wegen des Geschlechts diskriminiert wird.

Geschieht dies dennoch, kann der betroffene Arbeitnehmer den zur Herstellung eines diskriminierungsfreien Rechtszustandes erforderlichen Differenzbetrag auch gegenüber seinem früheren Arbeitgeber gerichtlich geltend machen. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers umfasst allerdings nicht Zusatzversorgungsansprüche, die ein Arbeitnehmer neben der vom Arbeitgeber zu verschaffenden Versorgung freiwillig durch eigene Beitragsleistungen erworben hat.

In dem vom BAG entschiedenen Fall  meldet die beklagte Arbeitgeberin ihre Arbeitnehmer bei einer Pensionskasse an und zahlt für diese die Kassenbeiträge. Darüber hinaus besteht für die Arbeitnehmer die auch vom Kläger wahrgenommene Möglichkeit, durch eigene Beiträge zusätzliche Versorgungsansprüche zu erwerben.

Die Leistungsordnung der Pensionskasse sieht für Arbeitnehmer wie den Kläger vor, dass Versorgungsleistungen von Arbeitnehmern ab Vollendung des 65. Lebensjahres, von Arbeitnehmerinnen schon ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden können. Für jeden Monat, den die Betriebsrente vor Erreichen dieser Altersgrenzen in Anspruch genommen wird, ordnet die Leistungsordnung einen versicherungsmathematischen Abschlag in Höhe von 0,4 % an; wird die Rente später als vorgesehen verlangt, soll ein Zuschlag von 0,6 % pro Monat erfolgen.

Der im Dezember 1938 geborene Kläger war von 1970 bis 1998 für die Beklagte tätig und nimmt seit dem 1. Januar 2000 vorgezogene gesetzliche Rente in Anspruch. Seine Betriebsrente berechnete die Pensionskasse, indem sie den von ihm erdienten Betrag um (48 Monate x 0,4 %=) 19,2 % kürzte. Der Kläger hält dies für diskriminierend. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts akzeptiert er den versicherungsmathematischen Abschlag nur bei dem von ihm bis zum 17. Mai 1990 erdienten Teil seines Versorgungsanspruchs, während für das in der Folgezeit Erdiente ein Zuschlag von (12 x 0,6 %=) 7,2 % erfolgen müsse. Für den sich daraus ergebenden Differenzbetrag müsse die Beklagte einstehen. Dies gelte auch hinsichtlich des von ihm freiwillig mit eigenen Beiträgen bei der Pensionskasse erworbenen Zusatzversorgungsanspruchs.

Während das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, hat ihr das Landesarbeitsgericht überwiegend entsprochen. Gegen dessen Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt.

Das Bundesarbeitsgericht hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts insoweit bestätigt, als zu Gunsten des Klägers der Anspruch im Grundsatz so zu berechnen ist, wie er dies geltend macht.

Die beklagte Arbeitgeberin muss auch für diesen Anspruch einstehen, soweit er nicht von der Pensionskasse erfüllt wird. Eine Einstandspflicht der Arbeitgeberin besteht allerdings nicht für die in den Abrechnungen der Pensionskasse gesondert aufgeführte, auf freiwillige Beiträge des Klägers zurückgehende Zusatzversorgung. Gleichwohl hat der Senat das angefochtene Urteil insgesamt aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es muss noch im Einzelnen ermittelt werden, welcher Teil der vom Kläger insgesamt erworbenen Betriebsrente auf die Zeit bis zum 17. Mai 1990 einschließlich und welcher auf die Zeit danach entfällt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. September 2004 - 3 AZR 550/03 -

Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Juli 2003 – 8 Sa 739/02 –

 Pressemitteilung Nr. 63/04

 www.bundesarbeitsgericht.de


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